
Über unser Gedenkportal können Sie schriftlich kondolieren und Blumengrüße für die Trauerfeier bestellen.
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Es existieren viele Traditionen rund um Tod und Trauer, die häufig religiös geprägt sind, sich jedoch auch unabhängig von Konfessionen im Volksglauben etabliert haben – und bis heute praktiziert werden. Die zum Teil Jahrhunderte alten Riten und Bräuche können den Umgang mit dem Tod erleichtern und den Hinterbliebenen helfen, Abschied von einem geliebten Menschen zu nehmen. Lesen Sie im Folgenden einige gängige Beispiele:
Das Fenster öffnen
Nachdem ein Mensch gestorben ist, wird das Fenster des Sterbezimmers geöffnet oder gekippt. Dieser Brauch entstand aus der Vorstellung, dass die menschliche Seele durch den Mund des Verstorbenen in den Himmel entweicht. Zwar ist der Glaube daran, dass die Seele tatsächlich in den Himmel fährt, nicht mehr so weit verbreitet wie in früheren Zeiten, doch viele Menschen sind bis heute davon überzeugt, dass die Seele den menschlichen Körper verlassen muss und durch das offene Fenster an einen anderen Ort gelangen kann. Das Öffnen des Fensters hat jedoch auch einen ganz praktischen Grund: Es tut ganz einfach gut, frische Luft in das Zimmer zu lassen, in dem kurze Zeit zuvor ein Mensch gestorben ist.
Mund und Augen des Verstorbenen schließen
Einem Toten den Mund und die Augen zu schließen, ist schon seit jeher eine gängige Praxis und häufig auch mit dem Aberglauben verbunden, der Tote würde sonst als eine Art „Wiedergänger“ zurückkehren und mit den Lebenden in Kontakt treten. Gegenwärtig ist es grundsätzlich ein Zeichen des Respekts und der Ästhetik, dem Verstorbenen ein würdevolles Aussehen zu geben und Körperöffnungen wie Augen und Mund zu verschließen.
Lichter entzünden
Bei Eintritt des Todes wurde häufig eine sogenannte Sterbekerze entzündet. Das Kerzenlicht sollte dem Verstorbenen den Weg in die Ewigkeit erhellen und ihm auch zu innerer Erleuchtung verhelfen. Mancherorts wurde ebenso daran geglaubt, man könne damit Geister vertreiben und in Verbindung mit Kräutern oder Früchten wie Rosmarin oder Zitrone auch Dämonen abwehren. Bis heute ist das Licht einer Kerze weltweit ein Zeichen des Gedenkens und der Andacht – vielfach auch verbunden mit dem Symbol des Lebenslichtes.
Läuten der Totenglocken
Das Läuten der Toten- oder Sterbeglocken am Morgen oder Abend des Sterbetages zeigte den Tod eines Gemeindemitglieds an. Dazu wurden meist die größten vorhandenen Glocken verwendet und der Tod „ausgeläutet“. Die Kirchen- oder Gemeindeglocken klingen noch heute nach einem Gottesdienst oder einer Andachtsfeier, haben aber zunehmend weniger Bedeutung für die Gemeinschaft.
Die Aufbahrung eines Toten
Früher war es gang und gäbe, den Verstorbenen von nahen Angehörigen waschen, herrichten und im Sterbezimmer oder Gemeindehaus aufbahren zu lassen. Dadurch konnte die gesamte Familie, Freunde und Bekannte Abschied nehmen. Nicht zuletzt aus hygienischen Gründen übernimmt mittlerweile ein Bestattungsunternehmen die Versorgung und etwaige Aufbahrung eines Toten. Ist der Tod im Krankenhaus oder Pflegeheim eingetreten, ermöglicht das Fachpersonal mancherorts auch dort eine Aufbahrung zur Abschiednahme, bevor der Leichnam einem Bestatter übergeben wird.
Aussegnung – mehr als nur Glaube
Die Aussegnung bezeichnet im Ursprung eine religiöse Andacht, bei der ein Sterbender oder ein bereits Verstorbener noch ein letztes Mal gesegnet wird. Die Aussegnungsfeier gibt den Angehörigen die Möglichkeit, sich zu verabschieden, begleitet den Toten sozusagen auf seinem letzten Weg und befiehlt ihn in Gottes Hände. Solch ein Abschiedssegen ist heute keineswegs nur noch religiöser Natur. Es haben sich derweil viele weltliche Praktiken entwickelt, die Verstorbenen eine Art Segen aussprechen und ihnen damit etwas mit auf die letzte Reise geben.
Rituale am Grab
Nachdem der Sarg in das Grab hinabgelassen wurde, geht die gesamte Trauergemeinde am offenen Grab vorbei und erweist dem Toten die letzte Ehre: Je nach Region war es üblich, dass jeder Trauergast eine oder mehrere Handvoll Erde auf den Sarg warf. Dies sollte das gemeinsame Zuschaufeln des Grabes und auch die Vergänglichkeit des Körpers symbolisieren. Heutzutage wird das Geräusch, wenn die Erde auf den Sarg fällt, vielfach als unangenehm und bedrückend empfunden. Daher wird anstelle der Erde eine Schale mit Blumen, Blütenblättern oder auch mit feinem Sand bereitgestellt, die alternativ ins Grab geworfen werden können.
Leichenschmaus
Der sogenannte Leichenschmaus oder auch das Trauerkaffee ist einer der wohl bekanntesten Bräuche in Verbindung mit dem Tod. Zu früheren Zeiten diente er auch ganz praktisch dazu, diejenigen zu versorgen, die eine lange Anreise hinter sich und als Totengräber oder Sargträger schwere körperliche Arbeit verrichtet hatten. Beim gemeinsamen Essen und Trinken geht es bis heute darum, in Gedenken an den Verstorbenen zusammen zu sein. Das Totenmahl soll den Trauernden nicht nur zeigen, dass sie nicht allein sind und das Leben weitergeht – es bietet auch einen schönen Rahmen, um sich gemeinsam an den Verstorbenen zu erinnern und Geschichten und Anekdoten über ihn auszutauschen.
Stephanie Tamm
Foto: Pixabay
Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie Bestattungsvorsorge hören? Oder Trauerfallvorsorge? Vielleicht denken Sie: „Welch lange und schwierige Wörter!“ Sie stehen mitten im Leben – finden Sie es daher befremdlich, sich mit Tod und Bestattung zu befassen? Oder haben Sie schon das eine oder andere Mal daran gedacht, wie Ihre Bestattung wohl ablaufen wird, die Gedanken dazu aber immer wieder verworfen?
All das ist völlig verständlich. Doch auch Grund genug, Ihnen eines mit auf den Weg zu geben: Bestattungsvorsorge kann so simpel sein und insbesondere Ihnen selbst das richtig gute Gefühl geben, alles in Ihrem Sinne geregelt zu haben.
Was passt zu mir? Seien Sie kreativ und entwickeln Sie ein paar frische Ideen
Bestattungsvorsorge ist so viel mehr als die bloße Entscheidung darüber, ob Sie in einem Sarg auf dem lokalen Friedhof oder in einer Urne in dem bekannten Bestattungswald beigesetzt werden wollen. Es geht natürlich auch um Erd- oder Feuerbestattung. Vor allem können Sie selbst zum Gestalter Ihres eigenen Abschieds werden und sogar die Stimmung für Ihre Trauerfeier mitbestimmen.
Lassen Sie uns ruhig mal ein paar spannende Fragen aufwerfen: Wie soll die Trauerfeier ablaufen? Sie wollen auf gar keinen Fall, dass Verwandte und Freunde alle in schwarzer Kleidung mit traurigen Gesichtern den Worten eines Pfarrers folgen? Und Sie wollen absolut vermeiden, dass der eine oder andere sich extra noch eine neue schwarze Jacke kauft, nur damit er der Trauer-Etikette entspricht?
Gut! Dann legen Sie doch fest, dass die Trauergäste in den Trikotfarben Ihres Fußballvereins kommen sollen. Dass ein weltlicher Trauerredner nicht einfach Ihren Lebenslauf nacherzählt, sondern über Ihr gelebtes Lebensmotto spricht und über Ihr Talent, die Gulaschkanone und den Weihnachtspunsch für die ganze Dorfgemeinde vorzüglich zuzubereiten. Bestimmen Sie, dass Ihr Abschied nicht traurig sein soll, sondern stattdessen eine schöne Erinnerung daran, das Leben in vollen Zügen zu genießen, Spaß zu haben und viel Zeit mit Menschen zu verbringen, die einem guttun und die man liebt.
Genau so, wie es Ihnen gefällt!
Finden Sie Traueranzeigen deprimierend, in denen die ewig gleichen Trauersprüche oder Bibelverse zu lesen sind? Möchten Sie den Menschen, die auf Ihren Grabstein oder Ihre Urnenplatte schauen, etwas Bedeutendes mit auf den Weg geben? Dann schreiben Sie Ihre Traueranzeige und Ihre Grabinschrift selbst. Finden Sie eigene Worte, mit denen Sie sich identifizieren und die Ihrer Nachwelt etwas mit auf den Weg geben.
Möchten Sie unbedingt die geliebten gelben Lilien als Blumenschmuck, die Sie in Ihrem Garten jedes Jahr genüsslich blühen sehen? Dann wünschen Sie sich doch genau das und bestimmen Sie, dass Ihre Lieblingsblumen Ihren Abschied verschönern. Oder finden Sie, dass das goldene Medaillon, das Ihre Urgroßmutter Ihnen vererbt hat, unbedingt mit auf Ihre letzte Reise gehen soll? Oder doch eher Ihr lederner Kniffelbecher, als Symbol für die vielen Spieleabende, die Sie lachend und freudig mit der Familie verbrachten? Auch das können Sie in Ihrer Bestattungsvorsorge festlegen.
Weniger ist mehr?
Diese Ideen sind Ihnen alle viel zu bunt und ausgefallen? Sie möchten eigentlich nur im Doppelgrab beigesetzt werden, in dem bereits Ihre verstorbene Frau bestattet wurde? Und Sie wollen das Geld für Ihre Bestattung bereits hinterlegen, damit Ihre beiden Kinder nicht finanziell belastet werden? Schöne Idee! Halten Sie in Ihrem Bestattungsvorsorge-Vertrag Ihre Vorstellungen und Wünsche fest und hinterlegen Sie das Geld für Ihre Beisetzung beispielsweise auf einem Treuhandkonto.
Sprechen Sie mit dem Bestatter Ihres Vertrauens und seien Sie mutig, Ihre Wünsche wirklich zu äußern. Selbst wenn Sie nicht wissen, wie Sie Ihre Vorstellungen zum Ausdruck bringen sollen, geschweige denn zu Papier – gerade dann wird Ihr Bestatter Sie ausführlich zu Ihren Möglichkeiten beraten. Und er kennt die Mittel und Wege, Ihre Anliegen zu Ihrer vollsten Zufriedenheit umzusetzen.
Wie Sie den richtigen Bestatter finden?
Jetzt fragen Sie sich natürlich, wie Sie denn den Bestatter Ihres Vertrauens finden? Auch das ist kein Hexenwerk. Einen „guten“ Bestatter erkennen Sie beispielsweise an seiner Qualifikation oder an einer aussagekräftigen Website, die klar macht, wofür das Unternehmen steht und welche genauen Leistungen angeboten werden. Ein seriöser Bestatter arbeitet aber allen voran immer transparent und ist Ihnen gegenüber aufgeschlossen. Er hört Ihnen zu, berät Sie ausführlich zu Ihren Möglichkeiten und erstellt Ihnen entsprechend einen aussagekräftigen Kostenvoranschlag. Zudem sollte Ihnen immer freistehen, Angebote zu vergleichen oder sich noch einmal umzuentscheiden.
Am Ende geht es bei der Bestattungsvorsorge immer um Ihr eigenes Gefühl. Tun Sie das, was zu Ihnen passt, was Ihnen und Ihren Lieben guttut. Und lassen Sie sich nicht verunsichern durch vermeintliche Konventionen oder dem Gedanken, dass „man“ etwas so machen müsse.
Stephanie Tamm
Es existieren viele Trauerformen und -konventionen nebeneinander und es lässt sich schlichtweg nicht sagen, welcher Umgang mit Trauer „normal und gesund“ oder „nicht normal und ungesund“ ist. Vielleicht existieren auch gerade deshalb zum Teil einseitige und gänzlich falsche Annahmen zu Trauer und Trauerverarbeitung.
Einige dieser Annahmen und Mythen haben sich in den Köpfen vieler Menschen festgesetzt und gehören sozusagen zum gesellschaftlichen Regelwerk. Fünf der vielleicht hartnäckigsten Trauer-Mythen greifen wir hier auf und zeigen, dass es sich um unzutreffenden Ansichten, Klischees oder auch Stereotypen handelt:
Mythos Nr. 1: Eine Verlusterfahrung geht immer mit einer intensiven emotionalen Belastung einher. Trauer muss dann „rausgelassen“ werden, sonst wird man krank.
Es wird häufig angenommen, dass ein Verlust unvermeidlich immer ein großes Ausmaß an Verzweiflung und emotionaler Belastung hervorruft. Fehlt solch eine „richtige“ Trauerreaktion, wird in unserer Gesellschaft leicht ein pathologischer Zustand vermutet. Dabei wird oft davon ausgegangen, dass Trauer zwangsläufig zu einem späteren, meist unerwarteten Zeitpunkt auftaucht und zu problematischen Entwicklungen führt.
Die Trauerforschung kann das nicht bestätigen. Längst nicht alle Menschen erleben den Trauerschmerz gleich intensiv. Niemand muss zwangsläufig durch „das Tal der Tränen“ gehen, um später normal weiterleben zu können. Zudem sollten wir uns auch keine Sorgen machen, wenn wir unserer Trauer nicht unmittelbar nach dem Verlust Ausdruck verleihen können oder nicht so tief betroffen sind, wie wir womöglich glauben, sein zu müssen.
Weinen gehört dazu – und Freude empfinden nicht?
Weinen wird häufig als typische emotionale Reaktion auf eine Verlusterfahrung wahrgenommen. Doch Traurigsein und Weinen sind längst nicht die einzigen Trauergefühle: Häufig kommen Angst, Ärger, Wut, Sehnsucht und auch Scham hinzu. Nichts selten ist jemand in Trauer gar nicht in der Lage, seine Gefühle (bewusst) zu erleben. Man ist sozusagen emotional völlig überschwemmt und manchmal auch erst nach längerer Zeit fähig, die eigenen Empfindungen wahrzunehmen.
Trauer ist immer individuell, sie ist weder statisch, noch folgt sie einem konkreten Ablauf. Die Bandbreite möglicher Gefühlsreaktionen reicht in der Trauer von leichter Betroffenheit bis hin zum psychischen Ausnahmezustand. Auch ist es eine Fehlannahme, wenn wir davon ausgehen, dass eine Verlusterfahrung die Fähigkeit verringert, Freude zu empfinden. Keine Freude mehr zu zeigen und nicht mehr zu lachen, hat bedauerlicherweise viel eher mit (vermeintlichen) kulturellen Normen zu tun und weniger mit dem persönlichen Verlust.
Mythos Nr. 2: Trauer muss „durgearbeitet“ werden – ohne „Trauerarbeit“ geht es nicht
Es ist grundsätzlich sinnvoll, sich nach einer Veränderung im Leben emotional damit zu beschäftigen und darüber zu reflektieren. Doch der Begriff „Trauerarbeit“ wird meist mit der Annahme in Verbindung gebracht, dass Menschen sich bewusst mit (schmerzhaften) Trauergefühlen und Gedanken auseinandersetzen müssen, damit sie „bearbeitet“ und überwunden werden können.
Auch hier existieren in Fachkreisen gegenteilige Erkenntnisse: Es lässt sich nicht belegen, dass Menschen, die sogenannte Trauerarbeit leisten, ihren Verlust besser verarbeiten als diejenigen, die ihre Gefühle eher unterdrücken.
Es ist vielmehr so, dass ein stetiger Wechsel zwischen bewusster Trauer und einer Orientierung auf neue Lebensziele als günstigste Strategie gilt. Sich also immer mal wieder von seiner Trauer ablenken, um sich auf das Leben einzustellen zu können, das vor einem liegt – ähnlich wie Kinder es können und in aller Regel ganz von selbst tun.
Eine Konfrontation mit der eigenen Trauer ist hingegen nur dann sinnvoll, wenn jemand den Schmerz über eine längere Zeit aktiv vermeidet, sich gar in Illusionen verliert und den Verlust nicht akzeptieren kann. Solch ein Zustand sollte dann auch professionell begleitet werden.
Mythos Nr. 3: Trauer verläuft in Phasen
Die immer noch weit verbreitete Annahme, dass Trauer in einer festen Abfolge von Phasen verläuft, ist schlicht überholt. Viele Trauernde erleben zweifelsfrei Zustände, die solchen Phasen entsprechen und die Existenz dieser Phasenmodelle kann zumindest als grobe Orientierungshilfe dienen. Anstelle eines gradlinigen Ablaufs erleben viele Trauernde allerdings eher das Hin- und Herpendeln zwischen verschieden Gefühlslagen und eigenen Aspekten und Themen im Leben, die durch den Verlust betroffen sind.
Die größte Schwäche der Theorie der Trauerphasen besteht jedoch darin, dass sie Normen setzt und Trauernden, Angehörigen und potentiell Helfenden völlig falsche Vorstellungen davon vermittelt, wie Trauer und Trauerbewältigung verlaufen – oder zu verlaufen haben.
Mythos Nr. 4: Die Zeit der Trauer ist begrenzt und ungefähr nach einem Jahr abgeschlossen
Die Auffassung, Trauerzeit ließe sich über eine bestimmte Zeitspanne definieren, hält sich hartnäckig. Das sogenannte Trauerjahr gab es schon im antiken Römischen Reich, ist allerdings lediglich eine gesellschaftliche Norm und hat wenig mit tatsächlicher Trauer und Trauerbewältigung zu tun.
Mittlerweile ist sich auch die Trauerforschung einig, dass Trauerreaktionen deutlich länger andauern können, als ein Jahr. Vielmehr trauern Menschen besonders nach einem schweren Verlust wie z. B. des Ehepartners oder des eigenen Kindes nicht selten noch viele Jahre, Jahrzehnte oder ein ganzes Leben lang.
Das bedeutet nicht, Trauergefühle wären stetig gleichbleibend. Sie verändern sich im besten Fall, werden weniger und werden Teil des eigenen Lebens. Damit gilt es nochmals zu betonen: Trauer ist eine individuelle Angelegenheit und hat viele Gesichter. Und gerade deshalb dürfen Aussagen darüber keine Zeitvorgaben enthalten oder vermitteln.
Mythos Nr. 5: Man muss sich emotional von dem Verstorbenen trennen
Die vermeintliche Notwendigkeit, sich nach dem Tod eines Menschen emotional von ihm lösen zu müssen, beruht auf der lange Zeit vorherrschenden Lehrmeinung, dass fortbestehende Bindungen zum Verstorbenen langfristig pathologisch sind. Inzwischen wird jedoch immer mehr anerkannt, dass Hinterbliebene ein ganz natürliches Bedürfnis haben, fortwährend eine Bindung aufrecht zu erhalten – allerdings sollte dies auf bestimmte Art und Weise geschehen:
Die Beziehung zu einem geliebten Menschen ist nach dessen Tod nicht einfach vorüber. Daher ist es wichtig, die Beziehung neu zu definieren. Eine enorm wichtige Funktion von Trauer ist es nämlich, die gemeinsame Zeit mit dem Verstorbenen in die eigene Biographie zu integrieren – die Vergangenheit und das Jetzt anzuerkennen, als etwas, das nun zu einem gehört.
So eine Neudefinition der Beziehung schützt auch davor, dass extreme emotionale Belastungen, wie z. B. ungeklärte Konflikte mit dem Verstorbenen oder gar traumatische Erfahrungen durch möglicherweise dramatische Todesumstände, immer wieder das Bewusstsein überfluten. Zudem hilft diese Neudefinition der Beziehung dabei, offen für neue Bindungen zu sein oder zu werden, positive Aspekte für das Leben danach zu erkennen und sich auf diese einzustellen.
Das Erleben eines Verlustes erfahren viele Menschen immer noch und viel zu häufig als widersprüchlich zu den eigenen Vorstellungen und dem, was die Gesellschaft vermeintlich von ihnen erwartet. Gesellschaftliche Rituale helfen zwar dabei, individuelle Gefühle zu fassen und in sozial akzeptierte Bahnen zu lenken. Doch sie dürfen nicht reglementierend sein und auch nicht Handlungen und Verhalten bewerten oder vorgeben. All das schadet Trauernden grundsätzlich – ein wichtiger Grund, das Wissen über Trauer-Mythen in die Welt zu tragen.
Stephanie Tamm
Foto: Pixabay
Quellen:
GEO WISSEN (2013): „Trauer ist der Preis für die Liebe. Ein Psychologe erklärt, warum man dem Schmerz Zeit geben muss.“ Interview mit Hansjörg Znoj. S. 109-113.
Hansjörg Znoj (2015): „Trauer und Trauerbegleitung in der Palliativmedizin. Symptomatologie der Trauer, irreführende Vorstellungen und moderne Mythen.“ ARS MEDICI 1/2015, Rosenfluh Publikationen AG, S. 40-44.